Richtungsweisende Entscheidungen zum Sanierungsgebiet St. Jürgen sowie zur Wohnraumversorgung mit Stimmen der SPD beschlossen

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Bericht aus der Ratsversammlung der Stadt Schleswig vom 13.02.2023

Beschluss über die Anpassung des Gesellschaftsvertrages der Schleswig-Holsteinischen Landestheater und Sinfonieorchester GmbH

Der Gesellschaftsvertrag der Schleswig-Holsteinischen Landestheater und Sinfonieorchester GmbH musste aufgrund einer gesetzlichen Vorgabe angepasst werden. Hierdurch erhält Schleswig nun einen festen Sitz im Aufsichtsrat, außerdem wird dem Bürgermeister ein Teilnahmerecht eingeräumt, selbst wenn er nicht durch die Ratsversammlung entsendet wurde. Die Anpassung wurde von allen Vertretern begrüßt und einstimmig beschlossen.

Beschluss über die vorbereitenden Untersuchungen (VU) und über das integrierte städtebauliche Entwicklungskonzept (IEK) Stadt Schleswig „St. Jürgen“ und Beschluss über eine Satzung über die Festlegung eines Sanierungsgebiets für den Bereich „St. Jürgen“

Für die SPD-Fraktion sprach zu diesem Thema Ratsherr Jürgen Lorenzen (es gilt das gesprochene Wort):

Frau Bürgervorsteherin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

die SPD wird dem Beschlussvorschlag der Verwaltung mit Freude zustimmen, mit großer Freude. Mit der Zustimmung heute geben wir den Startschuss für die Realisierung eines der größten und wichtigsten Projekte Schleswigs in den kommenden 10-15 Jahren.

Mit der vorbereitenden Untersuchung und dem Entwicklungskonzept sind gute Grundlagen erarbeitet worden. Vielen Dank an alle, die mit viel Engagement und Sachverstand daran gearbeitet haben oder Ideen beitrugen:

– das Team der Stadtverwaltung

– die Vertreterinnen der BIG Städtebau

-die Lenkungsgruppe

– alle, die zum Beispiel im Rahmen der Beteiligungsverfahren und der Bürgerveranstaltungen aktiv waren.

Die SPD-Fraktion begrüßt es ausdrücklich, dass eine breite Bürgerbeteiligung in verschiedenen Formaten stattgefunden hat. Wir erwarten, dass die Bürgerinnen und Bürger auch im weiteren Verlauf der Umsetzung intensiv eingebunden werden. Wir befürworten es deshalb auch, dass schon im nächsten Bau- und Umweltausschuss die Öffentlichkeitsarbeit zu diesem Projekt thematisiert wird.

Nun geht es darum, die vorgeschlagenen Maßnahmen in den Fachausschüssen zu beraten, konkreter zu beschreiben, in manchen Fällen mit dem Blick auf die Folgewirkungen anzupassen und Prioritäten zu setzen. Wichtig ist, sich nicht im Klein- Klein von einzelnen Maßnahmen zu verlieren und die übergeordneten Ziele nicht aus dem Auge zu verlieren.

Dabei sollte uns klar sein, dass zwar die formale Zuständigkeit für das Sanierungsgebiet beim Bau- und Umweltausschuss liegt, die inhaltliche Kompetenz zu wesentlichen Maßnahmen jedoch auch in anderen Fachausschüssen, insbesondere beim Schul-, Jugend- und Sozialausschuss.

Zur Erinnerung: das Förderprogramm hat die Überschrift „Sozialer Zusammenhalt“. Maren Korban, unsere Vorsitzende des Schul-, Jugend- und Sozialausschusses kennt die Verhältnisse vor Ort sehr gut, ist schon in das Projekt involviert und steht für die Umsetzung bereits in den Startlöchern.

Der Umfang des Projektes ist beachtlich – 27 Millionen € an bewerteten Maßnahmen, 16 Millionen Euro an Fördermitteln, ein Großteil von Maßnahmen und auch private Investitionen sind da noch gar nicht eingerechnet. Das Sanierungsgebiet ist Lebens- und Wohnraum für mehrere Tausend Menschen, es befinden sich in dem Gebiet unter anderem Arztpraxen, Wohnstätten, Betreuungs- und Pflegeeinrichtungen, eine Grundschule, Kitas und das Gemeindehaus der evangelischen Kirche. Das Sanierungsgebiet hat auch eine Bedeutung für das in unmittelbarer Nachbarschaft befindliche Gewerbegebiet St. Jürgen sowie die angrenzenden Einrichtungen Helios Klinik, Helios Fachklinik,  VAMED Fachpflege und die Heime von Hesterberg&Stadtfeld mit einer Vielzahl von Arbeitsplätzen – alleine 1.000 + X  Arbeitsplätze in den Kliniken und Heimen.

Das Projekt „Sozialer Zusammenhalt St. Jürgen“ steht für die SPD-Fraktion weit oben auf der Agenda, denn es berührt Ziele und Themen, die uns am Herzen liegen:

  1. Es geht um den sozialen Zusammenhalt, um das Zusammenleben der Menschen, um Abmilderung von Folgen der Armut, es soll Teilhabe ermöglicht werden, Isolation von Menschen soll vermieden werden, der leichte Zugang zu Hilfs- und Betreuungsangeboten soll gewährleistet werden, auch soll die Arbeit vieler Ehrenamtler unterstützt werden, Menschen sollen sich im Stadtteil sicher fühlen: Hier sehen wir gute Ansätze in den Maßnahmenvorschlägen, zum Beispiel bei Maßnahme 25 Anpassung Barrierefreiheit – Maßnahme 40 – Jugendtreff – Maßnahme 44 – Quartiersmanagement – und im Mobilitätskonzept, das bereits erstellt wurde.
  2. Es geht um die praktische Umsetzung von Umwelt- und Klimaschutz, um ökologische Aspekte, zum Beispiel um nachhaltige Mobilität. Auch hier sind gute Ansätze in den Maßnahmenvorschlägen enthalten, zum Beispiel beim – Grün- und Freiraumkonzept – Maßnahme 51 – Fernwärmenetz – Maßnahme Naturerlebnisraum Brautsee. – im Mobilitätskonzept.
  3. Es geht natürlich auch um Stärkung und die Verschönerung eines Stadtteils, in dem viele sozial benachteiligte Menschen leben, auch arme Menschen, in dem sich die Bevölkerungsstruktur in den letzten Jahrzehnten gravierend verändert hat, viele Menschen mit Behinderungen in Einrichtungen leben (Sozialraumanalyse 2015: zum Beispiel hoher Anteil an Kinderarmut, hoher Anteil an Menschen mit ausländischem Pass).
  4. Es geht darum, aus den Zielsetzungen konkrete Maßnahmen über die Grenzen von unterschiedlichen Fachbereichen hinweg so umzusetzen, dass die Lebensqualität der Menschen in St. Jürgen sich spürbar verbessert. Dabei sollten wir St. Jürgen nicht zu einem Problemstadtteil herunter reden, es hat lebens- und liebenswerte Seiten, diese Stärken sollten wir erhalten und weiter ausbauen, auch wenn die Fördermittelbedingungen eher auf Defizite und deren Beseitigung abstellen. Das eine schließt das Andere nicht aus.

Die SPD-Fraktion freut sich sehr darauf, dass das Projekt „Sozialer Zusammenhalt“ in die Umsetzung geht. Wir werden das Projekt weiter begleiten und uns konstruktiv mit konkreten Vorschlägen einbringen Es sind sehr dicke Bretter zu bohren. Lasst uns das Projekt mit Leben füllen! St. Jürgen hat es verdient!

Schließen möchte ich mit dem Motto, das gleichzeitig Internetadresse der Informations- und Beteiligungsplattform ist: www.AufgehtsStJuergen.de !

Ein Änderungsantrag der CDU-Fraktion, welcher auf den Erhalt sämtlicher Parkplätze abzielte, wurde zum jetzigen Zeitpunkt mit den Stimmen der SPD-Fraktion abgelehnt. Der Antrag hätte zu einem frühen Zeitpunkt eine Reihe von Einzelmaßnahmen ausgeschlossen und ist daher verfrüht. Bei jeder einzelnen Maßnahme, welche politisch beraten, bewertet und beschlossen werden muss, sind die Auswirkungen genau zu prüfen und dabei sind auch die Parkmöglichkeiten als ein Aspekt mit einzubeziehen. Die pauschale Festlegung des Änderungsantrages können wir nicht mittragen.

Wir bedauern sehr, dass die CDU in Folge der Ablehnung des Änderungsantrages auch der eigentlich Verwaltungsvorlage nicht einstimmig zugestimmt hat. Dies sehen wir als schlechtes Zeichen im Vorfeld der umfangreichen Sanierungsmaßnahmen an und hoffen, dass sich diese Haltung im weiteren Prozess noch ändern wird.

Beschluss über die Umsetzung von Maßnahmen aus dem Wohnraumversorgungskonzept

Für die SPD-Fraktion sprach Ratsherr Fabian Bellinghausen (es gilt das gesprochene Wort):

Frau Bürgervorsteherin, liebe Kolleginnen und Kollegen,

Grundlage der Beschlussvorlage ist das Wohnraumversorgungskonzept, welches aufwendig mit verschiedenen Akteuren aufgestellt und durch die Ratsversammlung im Februar 2022 beschlossen wurde

Die Einzelmaßnahmen aus dem Wohnraumversorgungskonzept kommen nun in die Umsetzung, hierfür bedarf es Beschlüsse der politischen Gremien

Vorliegend werden zwei Maßnahmen vorgeschlagen, welche im BUA getrennt zur Abstimmung gebracht wurden und ich beantrage auch hier eine getrennte Abstimmung.

Zur Fortführung des AK Wohnen empfiehlt der BUA einstimmig die Beschlussfassung. Das Gespräch mit den Akteuren aus der Wohnungswirtschaft zur weiteren Stadtentwicklung wird als sinnvoll angesehen. Dabei wird es künftig wahrscheinlich verstärkt um Instandsetzung und Sanierung von Bestandsimmobilien sowie Nachverdichtungspotenziale gehen. Unsere Ziele können wir nur gemeinsam erreichen und hierzu dient der Arbeitskreis. Die Stadt befindet sich in der glücklichen Lage, dass hier viele Genossenschaften aktiv sind. Die Zusammensetzung des Arbeitskreises muss noch geklärt werden, möglicherweise erst nach der Wahl. Es bietet sich sicherlich an, aus jeder Fraktion ein Mitglied in den Arbeitskreis zu entsenden.

Das Thema der Quotenregelung für den sozialen Wohnungsbau wurde deutlich kontroverser diskutiert und im Ergebnis hat der BUA hier mit 5:5 Stimmen und einer Enthaltung den Beschlussvorschlag abgelehnt. Gleichwohl rufe ich die RV auf, dem Beschlussvorschlag der Verwaltung zu folgen und werbe um eine Zustimmung.

Es war ein Antrag der SPD-Fraktion aus März 2019, welcher überhaupt zur Einführung der derzeitigen Quote von 10 % geführt hat. Bis dahin gab es seitens der Stadt keinerlei Vorgaben, sodass viele Vorhaben ohne sozialen Wohnungsbau realisiert wurden.

Das Wohnraumversorgungskonzept führ u.a. aus: Aus der Zielgruppe der Leistungsempfänger und der Haushalte mit geringen Einkommen ergibt sich in Schleswig eine Zahl von ca. 6.960
Haushalten, die auf preisgünstigen Wohnraum angewiesen sind. Das entspricht gut der Hälfte
aller Haushalte in Schleswig.

Der aktuelle Zustand wird im Wohnraumversorgungskonzept folgendermaßen beschrieben: Stand 2018 verfügt die Stadt Schleswig über 408 belegungsgebundene Wohnungen. Dies entspricht knapp 3% des Gesamtwohnungsbestandes. In den kommenden Jahren werden vermehrt Belegungsbindungen von geförderten Wohnungen auslaufen. Da die hohen Fertigstellungszahlen des sozialen Wohnungsbaus der 1970er und 1980er nicht mehr erreicht werden, ist zukünftig von einer schrumpfenden Zahl geförderter Wohnungen auszugehen. Rechnerisch besteht in Schleswig ein strukturelles Defizit beim preisgünstigem Wohnraum. Den rund 700 Haushalten, die pro Jahr preisgünstigen Wohnraum nachfragen, stehen jährlich etwa 510 Wohnungen unterhalb der Mietobergrenzen zur Verfügung. Die Bilanzierung zeigt hierbei vor allem einen starken Nachfrageüberhang bei kleinen bezahlbaren Wohnungen. So stehen pro Jahr 448 Einpersonenhaushalten mit niedrigem Einkommen lediglich 116 bezahlbare Wohnungen unter 50 m² gegenüber. Dieses „Mismatch“ führt dazu, dass Haushalte auf größere Wohnungen ausweichen, bzw. eine höhere Wohnkostenbelastung in Kauf nehmen müssen. Die Bilanzierung des bezahlbaren Wohnungssegmentes für mittlere Einkommen zeigt ein vergleichbares Bild.

Durch die derzeitige Quote werden ca. 150 geförderte Wohnungen durch Neubau hinzukommen. Dies reicht nicht aus, um den künftigen Bedarf abzudecken.

Im Weiteren empfiehlt das Wohnraumversorgungskonzept mit hoher Priorität und kurzfristiger Umsetzung: Aufgrund des hohen Anteils von Haushalten mit niedrigen und mittleren Einkommen und des Abschmelzprozesses an geförderten Wohnungen sowie des in Relation dazu geringen Umfang an zusätzlichen geförderten Wohnungen im Neubau wird empfohlen, einen höheren Anteil geförderter Wohnungen anzustreben und die Quote auf 20 % zu erhöhen.

Das Wohnraumversorgungskonzept gibt hier der Selbstverwaltung eine eindeutige Handlungsempfehlung, welche durch Fakten hinterlegt ist. Die Zahl von 20 % ist also weder politisch motiviert, noch nach einem reinen Gefühl festgelegt. Grundlage ist einzig und allein das von uns in Auftrag gegebene, erarbeitete und beschlossene Wohnraumversorgungskonzept.

Auch die Begründung neuer Förderkulissen durch Bund und Land führt hier zu keinem anderen Ergebnis. Sollte hierdurch der Bau von gefördertem Wohnraum lukrativ werden und sich die Quote allein schon dadurch erhöhen, steht dies nicht im Widerspruch zu einer durch die Stadt festgelegten Quote- sondern es ergänzt sich gegenseitig. Jedoch steht zu befürchten, dass eine freifinanzierte Wohnung auch weiterhin deutlich höhere Gewinnmargen verspricht. Wir brauchen also die erhöhte Quote zur Zielerreich, denn wir müssen feststellen: Der Markt regelt hier gar nichts, es ist ein klassischer Fall von Marktversagen.

Nach langer, intensiver und kontroverser Diskussion wurde der Antrag auf Etablierung des AK Wohnen einstimmig angenommen.

Die Erhöhung der Quote für den sozialen Wohnungsbau wurde bei einer Enthaltung mit 17 Ja-Stimmen angenommen. Die CDU-Fraktion hat geschlossen gegen diesen Antrag gestimmt und sich damit deutlich gegen die Interessen des Großteils der Schleswiger Bevölkerung gestellt.